Selen ist ein faszinierendes Spurenelement, das trotz seiner geringen Konzentration im Körper eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit spielt. Es unterstützt das Immunsystem, schützt vor oxidativem Stress und ist unverzichtbar für eine optimale Schilddrüsenfunktion. Doch was genau macht Selen so wichtig? Wie wirkt es im Körper, was passiert bei einem Mangel, und wie kann man sicherstellen, genug davon aufzunehmen? In diesem Artikel beleuchten wir die vielseitigen Wirkungen von Selen und geben wertvolle Tipps zur richtigen Einnahme und Dosierung.
- Selen wird in insgesamt 25 Selenoproteine eingebaut, die bei verschiedenen biologischen Funktionen eine Rolle spielen. Die gesundheitliche Bedeutung von Selen hängt stark von der Menge und Aktivität dieser Proteine ab (1).
- Einige Studien weisen darauf hin, dass eine zu hohe Seleneinnahme, insbesondere in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, das Risiko für Typ-2-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebs erhöhen kann (1).
- Eine Sättigung des Selenoprotein Ps wird bei einem täglichen Selenkonsum von etwa 60 µg für Frauen und 70 µg für Männer erreicht (2).
Was ist Selen? – Vorkommen und Bedeutung
Obwohl Selen nur in winzigen Mengen benötigt wird, spielt es eine zentrale Rolle bei vielen wichtigen biologischen Prozessen. Es ist ein Bestandteil von selenhaltigen Proteinen, den sogenannten Selenoproteinen, die für verschiedene Körperfunktionen unverzichtbar sind (1).
Diese Selenoproteine wirken als Antioxidantien, die den Körper vor Zellschäden durch freie Radikale schützen. Sie unterstützen auch das Immunsystem, indem sie Entzündungen regulieren und den Körper bei der Abwehr von Infektionen unterstützen (1).
Selenoprotein | Funktion |
Glutathionperoxidasen (GPxs) | Familie antioxidativer Enzyme: entfernen Wasserstoffperoxid, Lipidhydroperoxide und Cholesterinhydroperoxide |
GPx1 (zytosolisch) | Reduziert die retrovirale Virulenz, indem es Mutationen verhindert; Mangel verursacht Kardiomyopathie |
GPx2 (gastrointestinal) | Antiapoptotische Funktion in den Dickdarmkrypten; hilft, die Integrität der Darmschleimhaut aufrechtzuerhalten |
GPx3 (Plasma) | Antioxidans in extrazellulären Flüssigkeiten; die Niere ist die Quelle von GPx3 im Plasma; Schutz der Schilddrüse vor Wasserstoffperoxid |
GPx4 (Phospholipid) | Membranassoziiert; in hohen Konzentrationen im Hoden vorhanden, wo es für die Spermienmotilität und -lebensfähigkeit unerlässlich ist |
Iodothyronin-Deiodinasen | Produktion von aktivem Schilddrüsenhormon T3 und umgekehrtem T3 (rT3) |
Dio1 (Schilddrüse, Leber, Niere usw.) | Produktion von T3 im Schilddrüsen- und peripheren Gewebe |
Dio2 (Gehirn, Hypophyse, Muskel, braunes Fettgewebe, Herz usw.) | T3-Produktion im peripheren Gewebe |
Dio3 (Großhirnrinde, Haut, Plazenta, schwangere Gebärmutter) | Produktion von rT3; verhindert eine Überexposition des Fötus gegenüber T3 |
Selenoprotein P (SEPP1) | Enthält 10 Selenocysteinreste; wichtig für den Selenstatus im Plasma und ein guter Indikator für den Selenstatus |
Thioredoxin-Reduktasen (TrxR) | Redox-aktiv mit einer Vielzahl von Substraten, insbesondere Thioredoxin; wichtig für die DNA-Synthese |
TrxR1 (zytoplasmatisch/nuklear) | Kontrolliert die Aktivität von Transkriptionsfaktoren, Zellproliferation und Apoptose |
TrxR2 (mitochondrial) | Unverzichtbar für die Lebensfähigkeit von Kardiomyozyten |
Selenoprotein S (SEPS1) | Entzündungshemmend; im endoplasmatischen Retikulum lokalisiert; kann Zellen vor ER-Stress-induzierter Apoptose schützen |
15 kDa Selenoprotein (SEP15) | Im ER lokalisiert; kann die Glykoproteinfaltung beeinflussen |
Selenoprotein N (SelN) | Im ER lokalisiert; reguliert möglicherweise die Calcium-Mobilisierung, die für die frühe Muskelentwicklung erforderlich ist |
Ein weiterer wesentlicher Bereich, in dem Selen eine Schlüsselrolle spielt, ist die Wirkung von Selen auf die Schilddrüsenfunktion. Selen ist notwendig für die Umwandlung von inaktiven Schilddrüsenhormonen (T4) in ihre aktive Form (T3), die den Stoffwechsel und viele andere Körperfunktionen regulieren. Ohne ausreichendes Selen könnte der Stoffwechsel verlangsamt werden, was zu Müdigkeit, Gewichtszunahme und anderen gesundheitlichen Problemen führen kann (1).
Selen kommt natürlich in der Umwelt vor, hauptsächlich in Böden und Gesteinen. Je nach Region kann der Selengehalt in Böden variieren, was sich auf die Konzentration von Selen in Pflanzen und somit auch in den Tieren, die diese Pflanzen fressen, auswirkt.
Aus diesem Grund variiert auch die Menge an Selen, die Menschen durch ihre Ernährung aufnehmen. Lebensmittel wie Paranüsse, Fisch, Fleisch, Eier und Vollkornprodukte sind jedoch besonders reich an Selen.
Selen Wirkung: Die vielseitigen Effekte auf den Körper
Die Wirkung von Selen spielt eine Schlüsselrolle für unsere Gesundheit, allerdings ist der richtige Selenstatus entscheidend – sowohl zu wenig als auch zu viel kann negative Folgen haben.
Eine sogenannte U-förmige Beziehung beschreibt den Zusammenhang zwischen Selen und der Gesundheit: Ein ausgewogener Selenhaushalt bringt zahlreiche Vorteile, während ein Mangel oder ein Überschuss das Risiko für verschiedene Krankheiten erhöhen kann.
Während oft andere Spurenelemente, wie Omega 3 oder die B Vitamine im Scheinwerferlicht stehen, spielt Selen im Körper eine viel größere Rolle, als den meisten bekannt ist.
Zu den wichtigsten Einflussbereichen von Selen in deinem Körper zählen (1):
- Antioxidative Funktion: Selen trägt entscheidend zum Schutz der Zellen bei, indem es in Form von selenabhängigen Enzymen wie Glutathionperoxidasen und Thioredoxin-Reduktasen als Antioxidans wirkt. Es hilft dabei, schädliche freie Radikale abzubauen, die Zellschäden durch oxidativen Stress verursachen. Besonders die Schilddrüse wird durch Selen vor schädlichen Substanzen, die bei der Hormonproduktion entstehen, geschützt.
- Stärkung des Immunsystems: Selen unterstützt die Funktion der Immunzellen, insbesondere der T-Zellen. Eine ausreichende Versorgung mit Selen fördert die Immunantwort und verbessert die Abwehr gegen Infektionen und Tumorzellen. Studien zeigen, dass eine Selensupplementation die Aktivität von natürlichen Killerzellen sowie die Tumorabwehr stärkt.
- Krebsprävention: Höhere Selenkonzentrationen im Körper stehen in Zusammenhang mit einem geringeren Risiko für bestimmte Krebsarten wie Prostata-, Lungen-, Darm-, Leber- und Blasenkrebs. Besonders bei Prostatakrebs könnte Selen präventiv wirken, insbesondere bei Männern mit niedrigem Selenstatus.
- Reproduktion und Fruchtbarkeit: Selen ist für die männliche Fruchtbarkeit von großer Bedeutung, da es die Beweglichkeit der Spermien beeinflusst. Selenoprotein P und Glutathionperoxidase 4 sind wichtig für eine normale Spermienfunktion – ein Mangel an GPx4 kann Unfruchtbarkeit verursachen.
- Schilddrüsenfunktion: Selen ist unverzichtbar für die Umwandlung von Schilddrüsenhormonen in ihre aktive Form. Studien zeigen, dass eine ausreichende Versorgung mit Selen Schilddrüsenentzündungen lindern kann, etwa bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow.
Risiken bei übermäßigem Selenkonsum
Eine Selenüberdosierung kann, obwohl das Spurenelement in geringen Mengen essenziell für die Gesundheit ist, ernsthafte Risiken bergen. Diese reichen von leichten Symptomen wie Übelkeit und brüchigen Nägeln bis hin zu schwerwiegenderen gesundheitlichen Problemen wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem erhöhten Krebsrisiko (1):
- Typ-2-Diabetes: Zu hohe Mengen an Selen, primär durch Nahrungsergänzungsmittel, könnten das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Dies könnte an der Rolle von Selenoprotein P liegen, das die Insulinwirkung negativ beeinflusst und zur Insulinresistenz beiträgt.
- Kardiovaskuläre Erkrankungen: Während ein Mangel an Selen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, zeigt eine Supplementation bei Menschen mit bereits hohem Selenstatus keine zusätzlichen Vorteile. Im Gegenteil, sie könnte das Risiko für erhöhte Cholesterinwerte steigern.
- Erhöhtes Krebsrisiko bei Überdosierung: Bei Personen mit hohem Selenstatus (>122 µg/L) könnte eine weitere Zufuhr von Selen das Risiko für bestimmte Krebsarten, wie Hautkrebs, erhöhen.
Insgesamt zeigt sich, dass Selen bei der richtigen Dosierung viele gesundheitliche Vorteile bietet, während eine Überdosierung oder ein Mangel gesundheitliche Risiken bergen können. Daher ist es wichtig, den eigenen Selenstatus im Auge zu behalten und auf eine ausgewogene Zufuhr zu achten.
Selen Wirkung Frauen: PCOS und Schwangerschaftsdiabetes
In jüngster Zeit haben Studien gezeigt, dass Selen nicht nur antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften hat, sondern auch eine positive Wirkung auf den Insulinstoffwechsel ausüben kann. Besonders interessant sind die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Wirkung von Selen auf Frauen, genauer gesagt auf das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) und Schwangerschaftsdiabetes (3; 4).
Wie Selen bei Polyzystischem Ovarialsyndrom helfen kann
PCOS ist eine häufige hormonelle Störung, von der etwa 5–10 % der Frauen im gebärfähigen Alter betroffen sind. Diese Erkrankung ist oft mit Insulinresistenz, erhöhten Blutfettwerten und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.
Eine Studie (3) untersuchte die Auswirkungen von Selen-Supplementierung auf den Stoffwechsel von Frauen mit PCOS, insbesondere auf deren Insulin- und Lipidprofile.
In der achtwöchigen, randomisierten und placebokontrollierten Studie erhielten Frauen mit PCOS entweder 200 µg Selen pro Tag oder ein Placebo. Am Ende der Studie zeigten die Frauen, die Selen eingenommen hatten, signifikante Verbesserungen im Insulinstoffwechsel.
Die Insulinspiegel sanken deutlich, und auch der HOMA-IR-Wert, ein Maß für Insulinresistenz, reduzierte sich. Zudem stieg der QUICK-Index, was auf eine verbesserte Insulinsensitivität hinweist. Auch die Triglycerid- und VLDL-Cholesterin-Werte verbesserten sich.
Die Studie legt nahe, dass Selen-Supplementierung bei Frauen mit PCOS positive Auswirkungen auf den Insulinstoffwechsel und bestimmte Blutfettwerte haben könnte. Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, gab es keine signifikanten Effekte auf den Nüchternblutzucker oder andere Lipidprofile wie LDL- und HDL-Cholesterin. Weitere Langzeitstudien wären nötig, um die Auswirkungen von Selen auf andere Stoffwechselparameter zu verstehen.
Selen kann das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes reduzieren
Schwangerschaftsdiabetes ist eine Stoffwechselstörung, die während der Schwangerschaft auftritt und sowohl für die Mutter als auch das Kind als Risikofaktor für Komplikationen gilt. Selen könnte hier eine wichtige Rolle spielen, da niedrige Selenwerte mit einer erhöhten Insulinresistenz in Verbindung gebracht werden.
Eine Meta-Analyse (4), die sechs Beobachtungsstudien mit insgesamt 506 Frauen einschloss, untersuchte den Zusammenhang zwischen Selenkonzentrationen im Blut und der Entwicklung von Schwangerschaftsdiabetes.
Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen mit niedrigeren Selenwerten ein höheres Risiko für GDM hatten. Dies deutet darauf hin, dass Selenmangel ein Risikofaktor für die Entwicklung von Schwangerschaftsdiabetes sein könnte.
Frauen, die während der Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes entwickeln, haben später im Leben ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Etwa 50 % dieser Frauen entwickeln innerhalb von 10 Jahren nach der Geburt Typ-2-Diabetes.
Selen Wirkung Schilddrüse: Die Bedeutung von Selenmangel für die Schilddrüse
Besonders hoch ist der Selengehalt in der Schilddrüse, wo wichtige Selenoproteine wie Glutathionperoxidase und Thioredoxin-Reduktase aktiv sind. Diese Proteine unterstützen nicht nur die Umwandlung des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4) in das biologisch aktive Triiodthyronin (T3), sondern schützen auch die Schilddrüsenzellen vor oxidativem Stress (5).
Selenmangel und Schilddrüsenerkrankungen
Ein Mangel an Selen ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Schilddrüsenerkrankungen verbunden. Wenn der Selenstatus niedrig ist, sinkt die Aktivität der Selenoproteine, was die Fähigkeit der Schilddrüse zur Bekämpfung reaktiver Sauerstoffspezies einschränkt. Dies führt zu oxidativem Stress und Zellschäden, die die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen können (5).
Hashimoto-Thyreoiditis (HT) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift. Forschungsergebnisse zeigen, dass Selen die Konzentration von Thyroid-Peroxidase-Antikörpern (TPO-Ab) senken kann, was eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen zur Folge hat. Zudem zeigt Selen immunmodulatorische Effekte, die die Immunreaktion bei HT positiv beeinflussen (5).
Morbus Basedow (Graves’ Disease, GD) ist eine weitere Schilddrüsenerkrankung, bei der Selenmangel die Symptome verschlimmern kann. Studien belegen, dass Selen-Supplementierung die Schilddrüsenfunktion schneller normalisieren und das Fortschreiten der Krankheit, einschließlich der Graves’ Orbitopathie, verzögern kann(5).
Ein niedriger Selenstatus wird zudem mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkrebs in Verbindung gebracht. Einige Studien legen nahe, dass Selen dabei helfen kann, die Ausbreitung und das Wachstum von Schilddrüsentumoren zu hemmen (5).
Therapeutische Anwendung von Selen
Die Anwendung von Selen-Supplementen hat sich bei der Behandlung milder Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere bei Hashimoto-Thyreoiditis und Graves‘ Orbitopathie, als vorteilhaft erwiesen. Die Supplementierung kann Entzündungen reduzieren und die antioxidativen Abwehrkräfte der Schilddrüse stärken (5).
Selen-Supplementierung erwies sich auch in einer umfangreichen Studie (6) an Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten als sicher, da keine signifikanten Unterschiede in den Nebenwirkungen zwischen der Selen- und der Kontrollgruppe festgestellt wurden. Die Studie empfiehlt, Selen bei Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten als ergänzende Therapie in Betracht zu ziehen, speziell für solche ohne Schilddrüsenhormontherapie.
Dennoch gibt es widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der Rolle von Selen in der Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen. Nicht alle Studien zeigen eindeutige Vorteile, was auf Unterschiede in den Methoden, den Selenspiegeln der Teilnehmer und der Dauer der Supplementierung zurückzuführen sein könnte.
Bei Patienten mit starkem Selenmangel kann eine gezielte Supplementierung allerdings definitiv positive Effekte auf den Krankheitsverlauf haben (5).
Selen Wirkung Psyche: Warum extreme Selen-Werte deine Psyche negativ beeinflussen
Selen spielt eine bedeutende Rolle für die Funktionsfähigkeit des Gehirns und könnte, wie viele andere Spurenelemente, nicht nur die körperliche Gesundheit unterstützen, sondern auch Einfluss auf die psychische Gesundheit haben.
Zwei aktuelle Studien (7; 8) untersuchen die Wirkung von Selen auf die Psyche, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
Selen und neurodegenerative Erkrankungen
Eine systematische Übersicht (7) analysierte die Effekte der Selen-Supplementierung bei Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung und Alzheimer-Krankheit. Oxidativer Stress und Entzündungen sind zentrale Faktoren in der Pathophysiologie dieser neurodegenerativen Erkrankungen.
Die Ergebnisse zeigten, dass Selen-Supplementierung den Selenstatus signifikant erhöht, sowohl im Plasma als auch in der Zerebrospinalflüssigkeit. Zudem stieg die Aktivität der Glutathionperoxidase, einem wichtigen antioxidativen Enzym.
Obwohl einige kognitive Tests leichte Verbesserungen bei den Patienten zeigten, waren die Ergebnisse nicht in allen Studien konsistent. Insbesondere die Reduktion des oxidativen Stressmarkers Malondialdehyd zeigte widersprüchliche Ergebnisse, was darauf hindeutet, dass die optimale Dosis und Form der Selen-Supplementierung noch nicht klar sind.
Selen und depressive Symptome
In einer weiteren Studie (8) wurde der Zusammenhang zwischen der Selenserumkonzentration und depressiven Symptomen bei jungen Erwachsenen untersucht.
Über einen Zeitraum von 13 Tagen dokumentierten 978 Teilnehmer ihre Stimmung und füllten die Center-for-Epidemiological-Studies-Depression-Skala aus.
Die Ergebnisse zeigten eine U-förmige Beziehung zwischen Selenstatus und Stimmung:
→ Optimale Selenkonzentrationen zwischen 82 und 85 µg/L waren mit den geringsten depressiven Symptomen und der positivsten Stimmung verbunden.
→ Niedrigere Selenwerte unter 62 µg/L sowie sehr hohe Werte über 110 µg/L führten zu einem Anstieg der depressiven Symptome.
Diese Ergebnisse unterstreichen, dass sowohl Selenmangel als auch übermäßige Selenaufnahme schädlich für die mentale Gesundheit sein können, weshalb beide Zuständevermieden werden sollten.
Glutathionperoxidase ist eines der wichtigsten antioxidativen Enzyme im menschlichen Körper, das die Zellen vor Schäden durch freie Radikale schützt. Dabei enthält es Selen als essenzielles Spurenelement, ohne dass seine antioxidative Wirkung nicht funktionieren könnte. Besonders in Organen wie der Schilddrüse spielt Glutathionperoxidase eine entscheidende Rolle, um oxidativen Stress zu reduzieren und Entzündungen zu verhindern.
Selen Einfluss auf Gewicht
Eine Untersuchung (9) mit 3214 Teilnehmern fand heraus, dass eine höhere Selenaufnahme mit einem niedrigeren Körperfettanteil verbunden ist. Übergewichtige und adipöse Menschen zeigten im Vergleich zu Normalgewichtigen eine geringere Selenzufuhr.
Bei Frauen war die Selenaufnahme bei Übergewichtigen um 15 % und bei Adipösen um 31 % niedriger. Auch bei Männern zeigten sich ähnliche Unterschiede. Die Daten deuten darauf hin, dass Selen bis zu 27 % der Unterschiede im Körperfettanteil erklären könnte.
Die Mechanismen hinter diesen Ergebnissen sind noch nicht vollständig verstanden. Erklärungsansätze sind zum einen, dass Selen die Bildung von Fettzellen hemmen und den Fettabbau fördern könnte. Tierstudien stützen diese Annahme, indem sie zeigen, dass hohe Dosen von Selen den Körperfettanteil reduzieren können.
Eine weitere Studie (10) untersuchte die Wirkung von Selen auf die Körperzusammensetzung bei übergewichtigen und adipösen Patienten, die eine leicht kalorienreduzierte Diät befolgten.
Dabei zeigte sich, dass die tägliche Einnahme von 240 µg Selen über drei Monate zu einer signifikanten Reduktion der Fettmasse um durchschnittlich 9,7 kg (vs. -1,7 kg in der Kontrollgruppe) und einer Zunahme der Muskelmasse führte.
Zudem wurde ein Rückgang des Leptinspiegels festgestellt, was auf eine verbesserte Leptinempfindlichkeit hinweist. Leptin reguliert das Hungergefühl, und eine Leptinresistenz, die bei Fettleibigkeit häufig vorkommt, führt zu einem gestörten Sättigungsgefühl.
Diese Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass Selen nicht nur den Fettstoffwechsel positiv beeinflusst, sondern auch das psychische Wohlbefinden stärken kann, insbesondere bei einer erfolgreichen Gewichtsreduktion.
Selenmangel vs. Selenüberschuss
In Regionen, in denen der Selengehalt im Boden und in der Nahrung gering ist, wie beispielsweise in Teilen Europas und Chinas, besteht ein erhöhtes Risiko für Selenmangel. Dieser Selenmangel kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben, darunter eine geschwächte Immunabwehr, kognitive Einschränkungen und eine höhere Sterblichkeitsrate (1).
Im Gegensatz dazu ist der Selenstatus in anderen Teilen der Welt, wie den USA, oft überdurchschnittlich, da dort die Böden selenreicher sind und Nahrungsergänzungsmittel häufiger konsumiert werden (1).
Die Ergänzung von Selen über Nahrungsergänzungsmittel oder eine selenreiche Ernährung kann einen Selen-Mangel beheben. Es ist jedoch wichtig, die richtige Dosierung einzuhalten, da eine Überdosierung zu Selenvergiftungen führen kann.
Symptome für einen Selen-Mangel unterscheiden sich grundlegend von denen eines Selenüberschusses (11):
Selenmangel Symptome | Selen Überdosierung Symptome (Selenose) |
Schwaches Immunsystem | Haarausfall |
Müdigkeit und allgemeine Schwäche | Brüchige Nägel |
Schilddrüsenfunktionsstörungen | Hautläsionen |
Erhöhtes Risiko für Keshan-Krankheit (Herzmuskelschäden) | Knoblauchgeruch im Atem |
Erhöhtes Risiko für Kashin-Beck-Krankheit (Gelenkschäden) | Übelkeit und Erbrechen |
Depression und Angstzustände | Durchfall |
Erhöhtes Risiko für Unfruchtbarkeit | Neurologische Symptome wie Zittern |
Gedächtnisprobleme | Anämie und Fieber |
Erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten | Leber- und Nierenschäden |
Selen Einnahme und Dosierung
Die individuelle Selen Aufnahme hängt stark von der geografischen Region ab, da der Selengehalt im Boden variiert und somit die Verfügbarkeit von Selen in der Nahrung beeinflusst.
Besonders in Ländern wie den USA und Venezuela, wo die Böden selenreicher sind, liegt die durchschnittliche Aufnahme von Selen bei Männern bei etwa 134 µg pro Tag. In Europa hingegen, speziell in Osteuropa, ist die Selen-Aufnahme deutlich geringer – sie liegt bei etwa 40 µg pro Tag (1).
Diese Unterschiede führen auch zu verschiedenen gesundheitlichen Auswirkungen. In Gebieten mit extrem niedriger Selenversorgung, wie in Teilen Chinas, treten Krankheiten auf, die direkt mit Selenmangel in Verbindung gebracht werden, wie die Keshan-Krankheit und die Kashin-Beck-Krankheit (1).
Empfehlungen zur Selensupplementation
In vielen Fällen lässt sich eine ausreichende Selenversorgung durch eine ausgewogene Ernährung sicherstellen. Besonders reich an Selen sind Fleisch, Fisch, Eier und Paranüsse (2). Bei Paranüssen ist jedoch Vorsicht geboten, da diese eine außergewöhnlich hohe radioaktive Belastung aufweisen. Zudem schwankt auch hier der Selengehalt extrem, sodass keines Falls von einer zuverlässigen Quelle gesprochen werden kann.
In Regionen wie Deutschland, wo der Selengehalt des Bodens eher gering ist, enthalten pflanzliche Lebensmittel wie Getreide und Gemüse nur wenig Selen. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, kann es schwieriger sein, ihren Selenbedarf zu decken. Hier bieten selenreiche Nüsse oder Pilze eine wichtige Alternative (2).
Alternativ kann auch eine gezielte Supplementation sinnvoll sein. Besonders wenn der Selenstatus im Körper niedrig ist, kann eine gezielte Ergänzung mit einem standardisierten Präparat von Vorteil sein. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn eine zu hohe Seleneinnahme kann gesundheitsschädlich sein.
In Regionen wie den USA, wo die natürliche Versorgung meist ausreichend ist, könnte eine zusätzliche Einnahme sogar negative Auswirkungen haben. Ziel sollte es sein, den Selenstatus in einem optimalen Bereich zu halten (1).
Selenbedarf und Referenzwerte
Die aktuellen Referenzwerte zur Selenversorgung basieren auf der Sättigung des Selenoproteins P, welches als der verlässlichste Marker für eine ausreichende Selenversorgung gilt. Um diese Sättigung zu erreichen, wird ein täglicher Konsum von etwa 60 µg für Frauen und 70 µg für Männer empfohlen (2).
Diese Menge sorgt für einen optimalen Selengehalt im Plasma, der zwischen 100 und 120 µg/L liegen sollte. Für Kinder und Jugendliche wurden die Empfehlungen entsprechend ihres Körpergewichts und Wachstums angepasst, wobei die Werte von den Referenzwerten für die erwachsene Bevölkerung abgeleitet wurden (2).
Selen bei Frauen bedarf je nach Lebensphase einer Anpassung der Selenzufuhr. Schwangere benötigen nicht zwingend mehr Selen, während Stillende aufgrund der Abgabe von Selen über die Muttermilch einen leicht erhöhten Bedarf haben (2).
Empfohlene tägliche Selenaufnahme nach Altersgruppen (2):
Fazit: Die richtige Selendosierung – ein Balanceakt
Selen übernimmt wichtige Funktionen im Körper, wie die Stärkung des Immunsystems und den Schutz vor oxidativem Stress. Es kann die kognitive Leistung, das Körpergewicht und die Stimmung positiv beeinflussen, doch die richtige Dosierung erfordert Feingefühl.
Die Selenversorgung variiert stark je nach Region, da der Selengehalt im Boden entscheidend ist. Während Länder wie die USA ausreichend versorgt sind, herrscht in Teilen Europas oft ein Mangel, der gesundheitliche Probleme wie neurodegenerative Erkrankungen, Gewichtszunahme und Depressionen begünstigen kann.
Gezielte Selensupplementation ist besonders bei Selenmangel sinnvoll. Sie kann helfen, Körperfett zu reduzieren und kognitive Funktionen zu verbessern, etwa bei Alzheimer oder leichten Depressionen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Quellenverzeichnis:
(1) Rayman MP. Selenium and human health. Lancet. 2012 Mar 31;379(9822):1256-68. doi: 10.1016/S0140-6736(11)61452-9. Epub 2012 Feb 29. PMID: 22381456.
(2) A.P. Kipp, D. Strohm, R. Brigelius-Flohé, L. Schomburg, A. Bechthold, E. Leschik-Bonnet, H. Heseker, Revised reference values for selenium intake, Journal of Trace Elements in Medicine and Biology, Volume 32, 2015, Pages 195-199, ISSN 0946-672X
(3) Jamilian M, Razavi M, Fakhrie Kashan Z, Ghandi Y, Bagherian T, Asemi Z. Metabolic response to selenium supplementation in women with polycystic ovary syndrome: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Clin Endocrinol (Oxf). 2015 Jun;82(6):885-91. doi: 10.1111/cen.12699. Epub 2015 Jan 26. PMID: 25510442.
(4) Askari G, Iraj B, Salehi-Abargouei A, Fallah AA, Jafari T. The association between serum selenium and gestational diabetes mellitus: a systematic review and meta-analysis. J Trace Elem Med Biol. 2015 Jan;29:195-201. doi: 10.1016/j.jtemb.2014.09.006. Epub 2014 Sep 16. PMID: 25271187.
(5) Wang F, Li C, Li S, Cui L, Zhao J, Liao L. Selenium and thyroid diseases. Front Endocrinol (Lausanne). 2023 Mar 24;14:1133000. doi: 10.3389/fendo.2023.1133000. PMID: 37033262; PMCID: PMC10080082.
(6) Huwiler VV, Maissen-Abgottspon S, Stanga Z, Mühlebach S, Trepp R, Bally L, Bano A. Selenium Supplementation in Patients with Hashimoto Thyroiditis: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Clinical Trials. Thyroid. 2024 Mar;34(3):295-313. doi: 10.1089/thy.2023.0556. Epub 2024 Feb 16. PMID: 38243784; PMCID: PMC10951571.
(7) Pereira ME, Souza JV, Galiciolli MEA, Sare F, Vieira GS, Kruk IL, Oliveira CS. Effects of Selenium Supplementation in Patients with Mild Cognitive Impairment or Alzheimer’s Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2022 Aug 5;14(15):3205. doi: 10.3390/nu14153205. PMID: 35956381; PMCID: PMC9370215.
(8) Tamlin S Conner, Aimee C Richardson, Jody C Miller, Optimal Serum Selenium Concentrations Are Associated with Lower Depressive Symptoms and Negative Mood among Young Adults1, 2, 3, The Journal of Nutrition, Volume 145, Issue 1, 2015, Pages 59-65, ISSN 0022-3166
(9) Wang Y, Gao X, Pedram P, Shahidi M, Du J, Yi Y, Gulliver W, Zhang H, Sun G. Significant Beneficial Association of High Dietary Selenium Intake with Reduced Body Fat in the CODING Study. Nutrients. 2016 Jan 4;8(1):24. doi: 10.3390/nu8010024. PMID: 26742059; PMCID: PMC4728638.
(10) Cavedon E, Manso J, Negro I, Censi S, Serra R, Busetto L, Vettor R, Plebani M, Pezzani R, Nacamulli D, Mian C. Selenium Supplementation, Body Mass Composition, and Leptin Levels in Patients with Obesity on a Balanced Mildly Hypocaloric Diet: A Pilot Study. Int J Endocrinol. 2020 May 28;2020:4802739. doi: 10.1155/2020/4802739. PMID: 32565792; PMCID: PMC7275228.(11) Kieliszek M. Selenium⁻Fascinating Microelement, Properties and Sources in Food. Molecules. 2019 Apr 3;24(7):1298. doi: 10.3390/molecules24071298. PMID: 30987088; PMCID: PMC6480557.